So viel schöner als sein Ruf: Was im Familienurlaub auf Mallorca lohnt – und was nicht

Die vermeintliche Hölle, die für Eltern der Himmel ist: Wir haben eine Woche All-Inclusive-Urlaub auf Mallorca verbracht – und werden es wieder tun. Hier ein paar Eindrücke und Entscheidungshilfen.

Zwei Ballermännchen am Strand von Paguera. Luxusproblem: Es war an einigen Tagen bewölkt, windig und deshalb kein unbedingtes Strandwetter.
Zwei Ballermännchen am Strand von Paguera. Luxusproblem: Es war an einigen Tagen bewölkt, windig und deshalb kein unbedingtes Strandwetter.

„Na, worüber machst Du Dich jetzt schon wieder lustig?“

Meine Frau tritt frisch geduscht aus der Feriensuite heraus, sieht mich mit dem Handy auf der Terrasse und hat mich längst durchschaut. „Du postest nur die asozialen Momente! Dann denken alle, es wäre hier nur so und wir hätten uns bewusst für so einen Urlaub entschieden!“, sagt sie und meint meine ungefilterten Insta-Stories über Applaus im Flugzeug, All-Inclusive-Wahn am Kinderpool, beim Buffet oder der stumpfen Kiddie-Disco, Dieter Bohlen im „Club Rendezvous“ oder meine „Worst of Malle-Merch“-Schnappschüsse (Sexklingeln, Penisfeuerzeuge, Samen von Pflanzen, die wie „Melon Titties“ aussehen).

„Die zwei schönen Bilder dazwischen hast Du wohl nicht gesehen. Und überhaupt: Lass mich manche Klischees doch mal bedienen“, entgegne ich und grinse. „Du postest nur Palmen, Blumen und inszenierte Strandidylle. Nur so ist es hier auch nicht!“ Sie verteidigt sich und schlägt mit meinen eigenen Sätzen zurück: „Na und? Lass mich manche Klischees doch mal bedienen!“ Es steht wie immer: Ines 1, Fabian 0.

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Zum Mitschreiben und damit keine Missverständnisse aufkommen: Auf Mallorca ist es in Wahrheit wirklich sehr schön. Das Meer! Die Berge! Die alten Dörfer! Die Landstraßen! Wir wussten das, wir waren vor Ewigkeiten ohne Kinder hier. Mit ihnen haben wir es in den vergangenen fünf Jahren nach Tel Aviv, Kroatien, Kapstadt, Barcelona, Südfrankreich und die Türkei geschafft*. Man kann nicht sagen, dass wir „Urlaub“ auch mit Kindern in verschiedenen Versionen nicht immer wieder versucht hätten. Im Wohnmobil, via Air BnB oder per Haustausch, zum Beispiel. Auch Pauschalurlaub trauten wir uns – mit Kleinkind und sieben Wochen altem Baby. Ein Trip, der im Nachhinein schon im Vorfeld zum Scheitern verurteilt war. Nun also eine Woche All-Inclusive-Urlaub auf Mallorca. Wie konnte es so weit kommen?

Was früher (sprich: ohne Kinder) wie die Pest klang, reizte plötzlich. Kein Kochen, kein Putzen, kein Extrastress – das würde uns doch reichen! Eigentlich wollten wir schon im Februar weg, spontan. Es war kalt, meine Frau hatte viel gearbeitet. Auf ins Warme, nach Fuerteventura zum Beispiel. „All inclusive“ mit unseren Ansprüchen – Kinderbetreuung ab 2, separate Zimmer, Strandnähe, kein Langstreckenflug, Abflug nicht schon um 6 Uhr morgens – hätte für eine Woche locker 2500 Euro gekostet. Das war uns zu viel. Dann, über ein gutes altes Reisebüro, wurden wir auf diesen Familienclub in Paguera im Südosten Mallorcas aufmerksam. Im Angebot war alles, was wir wollten, kosten sollten es für zwei Erwachsene und zwei Kinder nahezu lächerliche 1000 Euro. Wo war der Haken? Nun: Bis darauf, dass die Reise halt erst im Mai anstünde, wenn es auf den Balearen warm genug ist und wir uns noch gedulden mussten, gab es keinen.

Himmel und Hölle, je nach Betrachtungsweise: Kinderpool in unserem Familienhotel.
Himmel und Hölle, je nach Betrachtungsweise: Kinderpool in unserem Familienhotel.

So günstig war es, weil noch Vorsaison herrschte und Eltern älterer Kinder erst in den Schulferien Zeit haben, und das ist ja eh der Witz: Selbst wenn Geld für uns keine Rolle spielen würde – was soll ich in dem theoretisch schönsten Familienhotel oder sonstwo auf der Welt, wenn es proppevoll ist? Hier, in dieser schönen, sauberen und freundlichen Anlage am Rande eines schönen kleinen Ortes, war es nämlich schon jetzt wie überall: Es wäre noch schöner, wenn all die anderen Menschen nicht wären. In dem Falle, neben vielen Deutschen, Engländer mit Tattoos der Namen ihrer Kinder, die um 11 Uhr am Pool ihr erstes Bier trinken – aber alle harmlos waren, weil Familienväter, keine Partytouristen. Ich sitze am ersten Abend beim Buffet und denke: „Hässliche Tätowierungen und ein komischer Dialekt – da hätten wir auch nach Brandenburg fahren können!“ Ines sagt: „Manche kommen sogar angezogen zum Essen!“

Mit dem Mietwagen, der für sieben Tage ähnlich lächerliche 50 Euro plus 50 Euro Leihgebühr für Kindersitze kostete, unternahmen wir Ausflüge nach Palma (wunderschöne Altstadt, mit Kleinkindern aber, wie jeder Stadtbesuch, mehr Stress als Bummel), in die Bucht und zum Hafen von Alcudia (kilometerlanger weißer Sandstrand mit flachem Meereintritt, für Kinder ideal), zum benachbarten Cala Fornels (Minibucht, die sich für schöne Fotos eignet) und einmal, vergebens, zum Cala Varques an der Ostküste.

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Das Internet und Freunde verkauften uns diesen „Hippiestrand“ als Geheimtipp. Unser Tipp: Fahrt da (mit Kindern) bloß nicht hin. Google Maps führt Euch wahlweise bis zu einer gesperrten Straße oder in ein Ressort. Dort spielte mir ein Mallorquiner eine aufgenommene und ins Englische übersetzte Sprachnachricht vor, die mir freundlich zu verstehen gab, dass Google Maps falsch liege, ich einer von Millionen Touristen sei, die ihn nach Cala Varques fragten und wir die Straße zurückfahren, illegal parken und von dort aus über 35 Minuten laufen müssten. Mit Kindern ein buchstäbliches No-Go. Auch sagte der Mann, dass sich diese so beliebte Bucht sowieso nicht lohne, weil es dort immer voll von Touris sei, es weder Toiletten noch einen Eisladen gebe und man es sich viel einfacher in der Cala Romantica gleich ums Eck gemütlich machen könnte. Sei genauso schön, nur mit Parkplatz direkt vorm Strand. Klingt irgendwie auch logisch: Wie viel schöner kann ein bestimmter Strand schon sein – auf einer Insel, die an schönen Stränden nicht unbedingt arm ist?

Der peinlichste OMG-Moment unseres Urlaubs

Wir befolgten seinen Rat, was sollten wir auch tun, und fanden uns an einem okayen, aber windigen Strand wieder, dessen Brandung leider viel zu wild war und zu steil rein ging, um Kinder dort in Ruhe spielen zu lassen. Dort wurde uns dafür der peinlichste OMG-Moment des ganzen Urlaubs präsentiert: Während ein paar Meter vor ihm ein schwarzer Junge stand, fing Kid A plötzlich laut an zu erzählen: „Der Mischling… Dieser Mischling…“ Große Augen und Schweißausbrüche bei uns – wo zur Hölle hat er dieses Wort im Zusammenhang damit her, dass vor ihm ein Mensch mit einer anderen Hautfarbe als er selbst steht? Die Entwarnung folgte zum Glück auf dem Fuße: „Rocky, der Mischlingshund, hat…“ So ging der Satz weiter, Kid A rezitierte bloß laut aus „Paw Patrol“, wie er es so oft so gerne macht, wenn er im Kopf mal wieder woanders ist. Hach, Kinder!

Und wo wir gerade dabei sind:

Der schlimmste Moment unseres Urlaubs

Der Verdacht, jemand hätte unsere nackten Kinder am Strand fotografiert. Meine Frau glaubte das beobachtet zu haben, während wir die Badehosen einpackten und sie Richtung Promenade rannten. Mit erhöhtem Puls und voller Unsicherheit sprach ich den Verdächtigen freundlich an, ob er gerade aus Versehen unsere Kinder mit auf seinen Strandfotos erwischt hätte, das hätten wir nämlich nicht so gern. Er reagierte verständnisvoll und zeigte mir seine geschossenen Fotos, keine nackten Kinder zu sehen. Doppeltes Glück gehabt – er hätte auf unseren subtilen Vorwurf auch wütend reagieren können. Aber die Nachfrage war natürlich alternativlos.

Die Bucht von Alcudia mit Blick auf dessen Hafen

Was gut klappte:

Der tägliche Gang zum umfangreichen Buffet. Zumindest im Vergleich zum letzten Mal in der Türkei, als immer einer müde war und/oder heulte, während wir hastig das nächstbeste Essen der eigentlich hervorragenden Auswahl einwarfen. Diesmal hatten die Jungs auch immer Bock drauf, am liebsten marschierten sie zum Saftspender und torkelten mit randvollem Glas zurück. Wir waren täglich zum Frühstück und Abendessen dort, Mittagessen war zwar im Preis drin, aber gar nicht nötig. So viel und oft kann doch kein Mensch essen! Außerdem waren wir ja tagsüber unterwegs (mit ein paar Stullen zwischendurch) und hingen, wie offenbar viele andere, nicht von morgens bis abends in der Hotelanlage ab. Dass uns die Auswahl nach sieben Tagen nicht mehr anmachte, lag höchstens an ihrer Fleischlastigkeit. Kid As Lieblingsessen: Schwertfisch! Endlich mal was Neues!

Was nicht so gut geklappt hat:

Die Kinderbetreuung. Vorher malten wir uns aus, täglich wenigstens zwei Stunden Ruhe zu haben. Dort hatten die Jungs aber aus nachvollziehbaren Gründen wenig Bock drauf: In der Gruppe der älteren Kinder wurde englisch (und bruchstückhaft deutsch) gesprochen, Programm bei Kid As erstem Besuch war Malen und Basteln, beides nicht seine größten Hobbys. Für kleinere Kinder gab es ein Spielzimmer mit Betreuung. Hat Kid B für ein Stündchen Spaß gemacht, beide wollten aber lieber mit uns Zeit verbringen – so deuten wir zumindest ihr „Nein danke“ auf die Frage, ob sie nicht wieder zum Kinderspielen wollten.

Und Familienfotos? Haben wir wieder keine ausladende Auswahl mitgebracht – hier das eine samt Erklärung für das Fehlen der anderen:

https://www.instagram.com/p/BxsKIT2C1Cj/

Der Beweis, wie sehr die Schönheit die punktuelle Hässlichkeit dominiert: Im September fliegen wir wieder hin. Außerhalb der Hauptsaison, so lange wir noch können. In ein anderes Familienhotel der selben Kette am anderen Ende der Insel. Dort, wo der lange Sandstrand ist. Wie so Rentner.

*Falls Euch näher interessiert, wie unsere vergangenen Reisen mit Kind/ern so verliefen, bitte hier entlang. Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt:

5 Gedanken zu „So viel schöner als sein Ruf: Was im Familienurlaub auf Mallorca lohnt – und was nicht

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