Gedanken, die mir in Barcelona in den Familienurlaubssinn kamen – und Tipps, die ich selbst gerne bekommen hätte

Twitterfetzen statt Tagebuchnotizen: Hier ein paar Beobachtungen und Erfahrungen aus unserem Familienurlaub in Barcelona – plus Tipps für Euren Städtetrip. Über die Vor- und Nachteile des Haustausch werde ich noch berichten!

Kid A & Kid B am Strand La Bogatell. Mit der Abendsonne im Rücken und weniger Besuchern eigentlich ganz schön.
Kid A & Kid B am Strand La Bogatell. Mit der Abendsonne im Rücken und weniger Besuchern eigentlich ganz schön.

Nein, liebe Leserinnen und Leser, es folgt kein „Mit Vergnügen“-Reiseartikel. Keine Tipps über 11 Dinge, die man in Barcelona getan haben muss. Keine einschlägigen Restaurant-, Club- oder Sightseeing-Empfehlungen. Weil wir als dauergestresste Eltern in 12 Tagen Haustausch-Urlaub in Barcelona abseits von Fastfood-Filialen nur einmal ein Restaurant besuchten, abends kein Mal aus waren und Ihr die mutmaßlichen Sehenswürdigkeiten selbst ergooglen könnt. Aber keine Sorge: Kilometerlange Tagebuchnotizen, wie zuletzt in Kapstadt, erspare ich mir und Euch diesmal ebenfalls. Stattdessen hier ein paar Eindrücke, die mir in Barcelona kamen und die ich mangels Datenroaming nicht auf der Stelle twittern konnte – als ob das wen interessiert hätte.*

17 Momente, in denen ich in Barcelona an Berlin (oder irgendwas anderes) dachte…

  • Hätte ich nicht seit Tagen diesen „Azzurro“-Ohrwurm in der Toten-Hosen-Version, der mir das erste Mal auf dem heimischen Balkon kam, ich könnte den Barcelona-Urlaub wenigstens versuchen zu genießen.
  • Eine ältere Frau auf der Straße streichelt Kid B über den Kopf. In Berlin hätte ich das schon als übergriffig empfunden. Aber in Berlin gibt es sowas wie Kinderfreundlichkeit ja auch seltener.
  • Kid B macht enorme Sprach- und Pantomimefortschritte: „Da Geld rein!“, sagt er und zeigt auf seinen Mund, „da Geld raus!“ und zeigt auf seinen Po. Teil 1 dieses Sinnbilds für die Sinnlosigkeit von teuren Restaurantbesuchen mit Kindern hatte er vor zwei Tagen in Berlin tatsächlich ausprobiert, also ein Geldstück verschluckt. Nur haben wir es seitdem da unten nicht wiederentdeckt. Wie ist er bloß durch die Sicherheitskontrolle am Flughafen gekommen?
  • Unsere Gastgeber, in deren Wohnung wir leben, während sie in unserer Urlaub machen, empfehlen in ihrer Nähe den Parc de Joan Miró. „Super cool“ soll der sein – und besteht in Wahrheit nur aus Kies, Schotter, Palmen und zwei traurigen Spielplätzen. Wenn das hier schon als cool durchgeht, wie finden die dann wohl den Gleisdreieckpark bei uns um die Ecke?
  • Der einzige andere Junge im Park an diesem Vormittag heißt Dante. Wie zurückhaltend. Hätten unsere Söhne Leonardo und Michelangelo nennen sollen. Nach den „Turtles“, versteht sich. Und wie schon bei „Azzurro“: Wir sind hier nicht in Italien, verdammt! Namen spanischer Prominenz fallen mir bloß partout nicht ein. Ronaldo? Nee. Ist Portugiese. Messi? Spielt beim FC Barcelona, ist Argentinier. Nach fünf Minuten rufe ich „Pablo Picasso!“ und freue mich. Meine Frau denkt längst an was anderes. Puigdemont fällt mir noch ein, der alte Katalane, der plötzlich in Berlin stand. Nach Loona gebe ich auf.
  • Haben die Kinder fast an eine andere Dimension verloren. Oder wie sie später in Berlin sagen werden: ganz normale Nacht im Berghain!

Barcelona-2018-Einkaufscenter-NKATB-Soethof-Timewarp

  • Von unserer Ferienwohnung bis zu einem der Strände dauert es nicht die angekündigten 10 Minuten. Die brauchen wir bis zum Bus, der dann 35 Minuten fährt. Da hätten wir auch in Berlin bleiben und jeden Tag zum Wannsee gurken können. Ich wollte doch keinen Stadturlaub!
  • Was soll’s: Planen, an den Stadtstrand La Barceloneta zu fahren. Befürchte, ich könnte danach einen „Vice“-Artikel mit der Headline „Ich bin an einem Sonntag an Barcelonas überfülltem Stadtstrand fast untergegangen“ schreiben. Aber, Elterntipp, so dachte ich: Ha, einfach früh morgens in die erste Reihe legen und nicht nach hinten schauen! Dafür bliebe ja eh keine Zeit, wenn zwei Kleinkinder ständig „planschen“ wollen.
  • Danach: War schlimmer, als befürchtet. Dreckig, überlaufen, in jeder Hinsicht unangenehm. Aber auch die Stadt selbst ist ja nicht gerade das, was man touristenarm nennen würde: Besonders rund um den Place de Catalunya ist es an jeder Ecke fast so überlaufen wie Silvester am Brandenburger Tor oder eine Primark-Eröffnung am Alex. Hier gilt ganz besonders, was fast überall gilt: Könnte so viel schöner sein, wenn bloß all die Menschen nicht wären!

  • Kid A beobachtet ein sich küssendes schwarzes Paar im Meer. „Was machen die braunen Menschen da?“ Innerer PC-Alarm: Darf der sowas sagen? Was sage ich ihm? Natürlich darf er. Er benennt, was er sieht. Ohne Vorurteile, nur mit Neugier. Das ist das Gegenteil von Rassismus.
  • Angenehm: Jeder Eckladen, jede Imbissbude hat einen Zapfhahn mit Fassbier. Für ein Exemplar zahle ich spottbillige 1,70 Euro. Da kriege ich in Neukölln ja nicht mal mehr einen Futschi für!
  • Es gibt hier ein Comicbuch namens „Super Patata“. Die Kinder lieben es. Ein Affront gegen uns Deutsche? Ein Lob? Überlege die Rechte zu kaufen, die Erlebnisse des kleinen Kartoffelsuperhelden zu übersetzen, an einen Berliner Verlag in Prenzlauer Berg zu verkaufen und reich zu werden.
  • Am Strand „Nova del Mar“. Am Chinguritos, der Strandbar, läuft ein Boney-M- Mix (Kid A: „Papa was ist das für Musik?“), „Karma Chameleon“ von Culture Club, Madonnas „La Isla Bonita“ – und „Get Lucky“ von Daft Punk feat. Pharell. Was für ein Klassiker das jetzt schon ist! Drei Minuten Urlaubsfeeling, endlich. Mit überteuertem Bier, überteuertem Eis, verbrannten Schultern, Salzwasser im Gesicht und dreckigen Toiletten. Hach!
  • So viele spanische Frauen auf einen Haufen habe ich zuletzt beim Elterntreff auf einem Kreuzköllner Spielplatz gesehen. Oder beim Pekip-Kurs.
  • Eine Frau zahlt sehr viel Bargeld am Automaten ein. Frage mich: Wo kriegt man sowas heutzutage noch her, wenn nicht durch Prostitution? „Wenn man zum Beispiel einen Laden hat?“, entgegnet meine Frau. Ach ja, äh, okay, stimmt, sage ich. Trauen uns mittags in ein Restaurant. Bestelle Fussili. Habe kulinarisch offensichtlich komplett aufgegeben. #Vaterlevel100
  • Im Zoo: „Papa, warum kann der Kakadu so gut klettern?“ „Weil er so lange Krallen hat.“ „Warum hat er so lange Krallen?“ „Damit er gut klettern kann.“ Merke: Auch bei Vögeln beißt sich die Katze manchmal in den Schwanz. Wäre doch nur alles so einfach zu erklären. Am Strand: „Wo kommt das Wasser her?“ Und schon war ich ratlos. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein.
  • Euro Disney ist auch nicht mehr das, was es mal war:

… und ein paar Tipps für Euren Stadturlaub in Barcelona, ob mit oder ohne Kinder

An dieser Stelle breche ich mit meinen Prinzipien und gebe ein paar Tipps, obwohl ich auf diesem Blog nie welche geben wollte. Zumindest keine Erziehungstipps. Städtereisen sind sich aber ähnlicher als Kinder, außerdem hätte ich folgende Hinweise selbst gerne bekommen:

  • Bucht ein Haus oder eine Wohnung nah am Strand oder gleich außerhalb. Sonst ist es ein Stadturlaub, der zumindest mit Kleinkindern bekanntlich in die Kategorie „sinnlos“ und „viel zu anstrengend“ fällt.
  • Lebt Ihr doch mitten in der Stadt: Kauft Euch ein 10er-Ticket für Bus und Metro. Damit seid Ihr flexibler als mit 2-, 3- oder 4-Tages-Tickets, und günstiger ist es auch.
  • Geht. Niemals. Zum. Stadtstrand „La Barceloneta“. Legebatterien sind gemütlicher.
  • Busse fahren in der Regel NICHT in der gleichen Straße gegenüber in die andere Richtung ab, sondern von einer anderen Straße aus. Deshalb kommt Ihr auch auf dem Rückweg nie wieder exakt dort an, wo Ihr abfuhrt. Die Erklärung ist einfach, die Erkenntnis wichtig: Das sind fast alles Einbahnstraßen hier.
  • Ihr wollt in den Badeort Sitges? Apps wie Moovit und Google Maps schlagen Euch eventuell den Bus E16 vor, aber Vorsicht! Tagelang dachten wir, die verdammte Linie gibt es entweder nicht mehr, weil sie an den angeblichen Bushaltestellen nicht ausgewiesen war – oder die Route wurde extremer umgelegt als die Opfer von Anders Breivik. Irgendwann sahen wir den Bus dann doch: Weil er von einem anderen Reiseanbieter als die Öffis von Barcelona betrieben wird, kleben maximal kleine Zeitplänchen in den Wartehäuschen.
  • Besorgt Euch Onlinetickets für Touristenattraktionen wie Aquarium und Park Güell. Spart krasse Wartezeiten und mitunter Geld. Oder spart Euch das Aquarium lieber gleich ganz, ist nämlich mit 20 Euro pro Erwachsener und 7 Euro für Kinder ab 3 Jahren so überteuert wie viele andere Touriangebote hier (Rummel am Passeig de Gracia: 3,50 Euro für fünf Minuten Trampolin hüpfen. Eine Eiskugel in bestimmt guten Eisdielen: 2,80 Euro aufwärts. Kinderelektroautofahrt am Shoppingcenter Maremagnum: 7 Euro für 10 Minuten oder so. Seilbahnfahrt am Park Montjuïc: 8 Euro für eine vielleicht siebenminütige Fahrt pro Erwachsener oder 12,80 Euro hin und zurück, Kinder immerhin umsonst. Und so weiter.)
  • Geht abends in den Park Güell. Ist das Licht besser, weil die Sonne dann untergeht und von Westen scheint und deshalb in Euren Rücken, wenn Ihr Tourifotos von der Stadt und Gaudis Kachelbaustelle schießen wollt.
  • Bei Heimweh nach Berlin, flaniert einfach den Passeig de Gracia entlang. Gucci, Prada, Hermes, der ganze Luxusscheiss, aber auch die Bäume und die Architektur: Es sieht dort wie am Ku’damm aus, die Straße ist bloß breiter. Ich könnte schwören, auch die Astor Film Lounge gesehen zu haben.
  • Bummelt mal durch Born und Vila de Gracia. Da gibt es auch (lokale) Geschäfte, die es nicht in jeder x-beliebigen Metropole, Großstadt oder Mall dieser Welt gibt. Aber Obacht: In Gracia nahmen sie die Siesta noch ernst, fast alle Geschäfte haben grob zwischen 13 Uhr und 17 Uhr geschlossen. Einheimische halt, keine Kettenbetreiber.
  • Erschreckt nicht ob der Trostlosigkeit der sogenannten Spielplätze, die sich hier hin und wieder auf von Beton, Balkonen und Klimaanlagen umragten Innenhöfen verstecken. Wenn Ihr aber aus Marzahn oder dem Märkischen Viertel kommt: Freut Euch über vergleichsweise viel Grün! Und lasst das Buddelzeug zuhause. Einen Zentimeter unter Sandnull fängt hier harter Boden an.
  • Fahrt wirklich mal nach Sitges (mit dem Zug ab Sants, wenn Ihr den verdammten Bus auch nicht findet). Und ärgert Euch dann, nicht direkt dort ein Haus gebucht zu haben und von dort aus ein paar mal nach Barcelona zu fahren. Statt umgekehrt. Nächstes Mal.

*Falls Euch aber interessiert, wie unsere vergangenen Reisen mit Kind/ern so verliefen, bitte hier entlang. Sagt nicht, ich hätte Euch nicht gewarnt:

 

6 Gedanken zu „Gedanken, die mir in Barcelona in den Familienurlaubssinn kamen – und Tipps, die ich selbst gerne bekommen hätte

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