Was Matriarchat bedeutet – und wieso es anders als das Patriarchat bisher nie existierte

In der Theorie ist das Matriarchat eine Gesellschaftsordnung, die vorrangig von Frauen dominiert wird. In der Praxis hat es das, anders als im „Barbie“-Film und im Gegenteil zum Patriarchat, in der Form nie gegeben. Darüber nachzudenken, besonders als Vater, hilft trotzdem für einen Perspektivwechsel. Auszug aus meinem (Selbst-)Erklärungsversuch für Men’s Health DAD.

Frauen haben plötzlich was zu sagen und bekleiden jedes hohe Amt, während Männer nur daneben stehen und gut aussehen sollen? Welcome to Barbieland! (Foto: PR/Warner)

Der Brite Ricky Gervais, seit seinen „Golden Globe“-Moderationen gefürchtetster Stand-Up-Comedian der westlichen Welt, hat hinter all seinen doppelbödigen Witzen immer auch einen Spiegel parat. Keinen physischen, nein: „Natürlich gibt es auch lustige weibliche Comedians“, behauptet er etwa in seinem Bühnenprogramm „Armageddon“. „Zum Beispiel…“ Pause. Kein Name. Angebliches Nachdenken. Gelächter im Publikum. Einigen bleibt es im Halse stecken. Die Zuschauer:innen lachen (hoffentlich) nicht, weil es ihnen gefällt, dass Männer in vielen Bereichen zwischen Kunst und Kapital so viel präsenter als Frauen sind. Sondern weil Gervais ihnen diese zu oft kaum hinterfragte Schieflage, rhetorisch und vom Timing her gekonnt, vorhält und damit beiläufig beweist, dass wir in einem Patriarchat leben, von dem Typen wie er profitieren. Unvorstellbar, dass in einem Matriarchat der Witz umgekehrt funktionieren müsste? Spiegel!

Definition und Bedeutung: Was ist ein Matriarchat?

Matriarchat bedeutet erst einmal so viel wie eine Gesellschaftsordnung, die vorrangig von Frauen geprägt ist. Eine eindeutige, wissenschaftlich anerkannte Definition existiert nicht. Der seit dem 19. Jahrhundert oft verwendete Begriff Mutterrecht führt auf eine falsche Fährte. Erstens lässt er sich in der Matriarchatstheorie auf einen Gesellschaftstyp zurückführen, der nicht unterscheidet, ob Mütter im Speziellen oder Frauen im Allgemeinen gemeint sind. Zweitens lässt der Zusatz „Theorie“ erahnen, was Religionswissenschaftlerin Birgit Heller bereits 1997 im „Lexikon für Theologie und Kirche“ feststellte: Das Matriarchat ließe sich „als Mutterherrschaft spiegelbildlich zum Patriarchat historisch nicht nachweisen“.

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Falls am Stammtisch ob dieser Ansage nun einer blökt: „Ey, bei mir zu Hause herrscht jeden Tag Matriarchat, meine Frau hat die Hosen an!“ – nein, Manfred. Wenn es so wäre, wäre deine Frau gar nicht zu Hause, wenn du von der Maloche oder aus der Kneipe kommst! Und weil außerhalb von „Barbieworld“ in Greta Gerwigs Patriarchats-Satire „Barbie“ – übrigens ein Film, dem Kritiker:innen teilweise vorwarfen, „Barbie“-Hersteller Mattel wolle sich damit von Vorwürfen des Sexismus, Anti-Feminismus und Body-Shamings reinwaschen – auch in unserer Gegenwart kein Matriarchat existiert, weder in Deutschland, anderen europäischen Ländern noch sonst wo auf der Welt, erübrigen sich fast alle weitere Fragen wie: Wo gibt es heute ein Matriarchat? (Im Kino). Wann gab es das Matriarchat? (Nie). Wie funktioniert das Matriarchat? (Theoretisch so wie das Patriarchat, nur mit Frauen statt Männern). Was ist der Unterschied zwischen Patriarchat und Matriarchat? (Die eine Gesellschaftsform existiert, die andere nicht).

Falls Männer wie Manfred dennoch beunruhigt sind, dass die Frauen, wenn schon nicht die Ausländer, ihnen eines Tages ihr Geld, ihre Jobs, ihr Ansehen und ihre Privilegien wegnehmen: Habt keinen Grund zur Sorge. In einem Interview relativierte Patriarchatskritikerin und Buchautorin Alexandra Zykunov einst: Selbst Feministinnen, wie sie eine ist, wünschten sich zwar ein Ende des Patriarchats, an das sich aber kein 1000-jähriges Matriarchat, also die weibliche Vorherrschaft anschließen solle, „das kann auch niemand wollen“. „Wir wollen Gleichberechtigung und Mitdenken aller Geschlechter und marginalisierten Gruppen“, sagt sie.

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