„Andere Eltern“: Der fast normale Kita- und Helikopterwahnsinn

Das Gegenteil von gut ist gut gemeint: In der mit Klischees beladenen deutschen Mockumentary „Andere Eltern“ versuchen sich sehr unterschiedliche werdende Mütter und Väter an der Gründung eines eigenen Kindergartens. Auch die nun erschienene zweite Staffel ist sehr strombergig und sehr lustig – und sehr schwer auszuhalten.

Hell is other parents (Szene aus „Andere Eltern“/TNT Comedy)

Nina (Lavinia Wilson, aktuell auch in der ersten Corona-Serie „Drinnen“ zu sehen) hat die Kitasuche satt. Anstatt sich überall zu bewerben, auf Wartelisten einzutragen und am Ende für ihr Kind, wenn überhaupt, einen Platz in einem Kindergarten zu ergattern, dessen pädagogischer Ansatz, dessen Erzieher*innen und dessen Innen- und Außeneinrichtung nicht ihren Vorstellungen entspricht, will sie kurzerhand einen eigenen gründen. Nina, eigentlich „Creative Director“ in Elternzeit, versammelt zwei Handvoll andere werdende Eltern für ihre Initiative und legt los. Dass aus der Gemeinsamkeit ein Gegeneinander wird, liegt in der Natur der Sache – und legt das Konfliktpotential fest, auf dem die deutsche, in Köln-Nippes spielende Comedy-Serie „Andere Eltern“ aufgebaut ist. Um in der rheinischen Redensart zu bleiben: Alle haben sie gehörig einen Ratsch am Kappes.

Damit aber nicht genug: Die höhere Ebene, von der auf Ninas bunte Truppe geblickt wird, bildet ihre Mutter Ini Züger (Johanna Gastdorf). Sie ist Filmemacherin, hat vom Plan ihrer Tochter Wind bekommen und möchte eine Doku über dessen Umsetzung drehen. Auch, wie sie zugibt, weil sie heutige Eltern einfach nicht versteht – und deshalb bald nicht nur hinter der Kamera mitreden will.

„Andere Eltern“ bedient sich von der Besetzung bis zu den Storylines an Klischees und spielt mit ihnen: Neben Nina und ihrem Mann Yannos buhlen in der Elterninitiative um das Wohl ihres teilweise noch ungeborenen Nachwuchs zum Beispiel das unglückliche Eltern- und Ehepaar Yaa und Björn, in dem sie ein Kuchencafé schmeisst und er, um Anerkennung bemüht, in fast zwanghafter Art und Weise Kinderbespaßung und Haushalt schmeisst. Es gibt den selbstbewussten Sexisten und Rassisten Lars (Sebastian Schwarz), dessen Kinderwunsch mit Freundin Anita (Nadja Becker) trotz zahlreicher Versuche und Lösungsansätze bisher unerfüllt blieb. Dann wären da noch der lustige schwule Malte (mit saucooler Synchronsprecherstimme: Daniel Zillmann), der eine Leihmutter sucht, die pragmatische Alleinerziehende Nike (Maltes Schwester), die schweigenden Japaner sowie die neuen Erzieherinnen Paula, eine Köll’sche Frohnatur und die liebenswerte Aga, auf die Björn ein großes Auge geworfen hat. Jede*r von ihnen will angeblich nur das Beste für die Kinder, in Wahrheit aber wollen alle nur das Beste für sich selbst. Dass einige von ihnen eine gemeinsame Vergangenheit haben, erschwert das Miteinander noch einmal.

Kita statt Capitol-Versicherung: Bisschen zu viel Stromberg in „Andere Eltern“

Die Macken, Einstellungen und Taten der nur teilweise überhöhten Protagonisten machen in Staffel 1 teilweise so aggressiv, dass man beim Zuschauen abschalten will. In Staffel 2 schaffen es Regisseur Lutz Heineking und das Drehbuchteam der Produktionsfirma „eitelsonnenschein“ zum Glück, die Sympathien und Antipathien von Folge zu Folge zu verschieben. Die größte Stärke von „Andere Eltern“ ist auch die größte Schwäche: Nicht nur der Mockumentary-Style, in dem die Eltern ihre Kommentare zu gerade Geschehenem und Gesehenem in Ini Zügers Kamera sprechen, durch die wir „Andere Eltern“ sehen, ist an den von „Stromberg“ angelehnt. Auch die Figur des sprücheklopfenden Anwalts Lars, ein ganz offensichtlicher Vollpfosten, ist der des Bernd Stromberg in Sprache und teils kläglichem, teils treffsicherem, stets inkorrektem Witz wie aus dem Drehbuch geschnitten.

Hält man diese Truppe von Möchtegern-Hippies, die in Wahrheit spießiger als ihre eigenen Eltern sind, trotzdem aus, darf man sich auf sieben kurzweilige, pointiert geschriebene, gut besetzte, teils sehr überhöhte, teils sehr realistische, oft brüllend komische neue Folgen á 30-40 Minuten freuen – und an deren Ende sogar auf einen kleinen Cliffhanger, der eine dritte Staffel unausweichlich macht.

„Andere Eltern“, Staffel 2, seit 10. März auf TNT Comedy, Joyn Plus und Sky im Stream zu sehen

Abstimmung in der neuen Kita: Szene aus „Andere Eltern“ (Foto: Joyn/PR)

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