Natürlich muss niemand irgendwas. Wer aber seinen Kindern wirklich alle Chancen eröffnen will, sollte bei geschlechtergerechter Sprache beginnen, finde ich – und habe darüber beim „Dadmag“ von „Men’s Health“ geschrieben. Hier ein Auszug daraus.
Ältere Männer machen sich gerne übers Gendern lustig. Ausbilder Schmidt auch. (Foto: Guido Schröder / PR)
Neulich im Kino in einer Kleinstadt in Nord-Brandenburg. In einem im Selfiemodus aufgenommenen Werbeclip kündigt der Komiker Holger Müller, vielen besser bekannt als „Ausbilder Schmidt“, einen Auftritt vor Ort an: „Ihr Luschen und Luschinnen“ ruft er und sagt damit: Gendern! Haha, so ein Schwachsinn! Auf der Stelle wusste ich, dass der schon vor über 20 Jahren nur mäßig lustige Komiker seitdem nichts dazu gelernt hat. Über Fortschritt macht er sich fernab jedes Sachverstandes lustig, so wie Dieter Hallervorden („Muss ich den Zapfhahn jetzt Zapfhuhn nennen?“), Dieter Nuhr und zu viele andere Männer, die dem Irrglauben erliegen, sie würden schon deshalb diskriminiert, weil ihnen allein von ihrem Privileg, sich gedanklich keinen Millimeter bewegen zu müssen, ein Stück genommen wird. Das Traurige: Auch diese Menschen haben Kinder, Enkelkinder, Freund:innen und Fans, denen sie ihren Starrsinn – wenn schon sonst nicht viel – mitgegeben haben könnten. Achtung, Klischee: Dort, wo ich den Clip von Ausbilder Schmidt sah, könnte sein „Humor“ auf offene Ohren stoßen. Wir haben einen Kleingarten in der Nähe. Selbst die Nachbarin antwortete einst auf die Frage, was sie beruflich macht: „Ich bin Lehrer.“ Das wirft eine Menge Fragen auf, die ich im Folgenden beantworten möchte.
Mitmenschen wie den oben Genannten erklärt man den Sinn des Genderns am besten so, wie man es Kindern erklären würde: Gendern bedeutet nichts anderes als die Inklusion der Geschlechter in unserer sich ohnehin stetig wandelnden Sprache. Wir alle – offenbar ausgerechnet außer jener Lehrerin – gendern, seit wir sprechen können. Wir reden selbstverständlich von einer Ärztin oder einem Kassierer, wenn sie vor uns stehen oder sitzen. Das ist nicht feministisch, sondern logisch. Wieso also verwenden wir bei Unkenntnis des tatsächlichen Geschlechts seit jeher das generische Maskulinum und beschreiben eine größere Ansammlung von Astronaut:innen als Astronauten? Stehen da wirklich nur Männer vor uns? Nein, die Frauen unter ihnen seien aber doch mitgemeint? Hier beginnt das Problem.
Worte und Denken formen unser Handeln. Wir sind uns zum Beispiel einig, dass Adjektive wie „behindert“ und „schwul“ nicht länger als Schimpfwort verwenden werden sollten. Und dass „mitgemeint“ nicht inklusiv ist, beweist ein naheliegendes Experiment: Stell dir vor, wir sprächen neuerdings exklusiv im generischen Femininum, also etwa von Handwerkerinnen, auch wenn Männer darunter wären. Wie groß der Aufschrei wäre! Und damit willkommen in der Welt der Frauen, die nur, weil sie für einen Großteil von ihnen längst als gegeben hingenommen wird, bislang weiß Gott keine egalitäre ist. Ihr Name lautet Patriarchat.
Eine Studie der Freien Universität Berlin belegte schon 2015 das Naheliegende: Kinder, denen geschlechtergerechte Berufsbezeichnungen – zum Beispiel „Ingenieurinnen und Ingenieure“, Gendersternchen gab es damals in breiterer öffentlicher Wahrnehmung noch gar nicht – präsentiert worden waren, trauten sich viel eher zu, einen „typisch männlichen“ Beruf zu ergreifen als Kinder, denen nur die männliche Pluralform genannt worden war.
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Weiterlesen? Den kompletten Text findet Ihr unter diesem Link auf menshealth.de/dad. Dort ist er am 5. Juni 2023 erschienen.