Wie ich meinen Kindern Krieg erkläre

Spoiler: Ich habe keine Ahnung. Aber Pädagogin, Erziehungscoach und Autorin Inke Hummel hat sie – und erklärt mir und uns hier, worauf sie bei Antworten auf Kinderfragen nach dem Krieg achten würde.

Krieg kennen unsere Söhne, beide schon jetzt „Star Wars“-Fans, zum Glück bisher nur aus sehr fernen und fiktionalen Welten. Das könnte sich dieser Tage und Wochen zwangsläufig ändern. (Foto: Szene aus „Star Wars: Das Erwachen der Macht“, Screenshot / Disney)

Als ich Ende 2013 dieses Blog ins Leben rief, verbot ich mir nur eines: Ratschläge, die wollte und will ich bis heute auf keinen Fall erteilen. Warum nicht? Erstens funktioniert meine Vaterschaft noch immer nach dem „Trial & Error“-Prinzip. Zweitens bin ich selbst seit jeher von ach so guten Tipps zur Erziehung meiner Kinder genervt. Drittens klappt bei anderen Familien vielleicht nicht das, was uns hilft – und umgekehrt. Selbst ratlos bin ich übrigens noch immer jeden Tag – im Grunde sogar täglich ratloser, da die Kinder älter werden, zur Schule gehen müssen (und dürfen, klar) und mir Tantes Spruch „Kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen“ immer lauter aus dem hinteren Eck des Oberstübchens gegen den Stirnlappen knallt.

Was ich aber machen kann: Ich kann andere Leute um Ratschläge bitten. Menschen, die auch fachlich Ahnung haben. Expert*innen. So wie Inke Hummel. Inke ist Pädagogin, Erziehungsberaterin, mehrfache Mutter und die produktivste Autorin, die ich kenne: Allein seit Beginn der Coronapandemie hat sie sechs (6!) Bücher geschrieben (zwei Kinderbücher kommen bald dazu) – und am ersten Weihnachtstag innerhalb weniger Stunden Zeit und Muße gefunden, nebenbei mein Buch zu lesen und mir ein sogenanntes Blurb dafür zu liefern, also ein Zitat, das auf dem Buchrücken prangt.

Ich würde Inke gerne in loser (Un-)Regelmäßigkeit Fragen stellen, auf die ich selbst keine Antwort habe und Euch auf diesem Blog hier daran teilhaben lassen. Den Anfang machen wir mit der dieser Tage leider zwingendsten Frage, von der wir bis vor kurzer Zeit nicht zu alpträumen wagten, sie uns so konkret stellen zu müssen: „Wie erkläre ich meinen Kindern Krieg?“

Wegen Russlands Ukraine-Invasion und Putins Drohungen: Wie erkläre ich meinen Kindern Krieg?

So lautet Inkes ganz grundsätzliche Antwort auf die Frage:

„Ich musste meinen Kindern im Grundschulalter das erste Mal den Begriff Krieg erklären und habe es recht simpel begonnen mit der Aussage, dass das passieren kann, wenn niemand nachgeben und einen Kompromiss suchen will. Da konnten meine Kinder gut andocken. Je nach Alter und Interessenlage wurde es dann genauer: dass Waffen eingesetzt werden können, dass Ziele oft wichtige Gebäude oder Strecken sind, dass oft aber auch sehr viele Menschen ihre Häuser verlieren, verletzt werden, flüchten müssen oder sterben. Und dann landet man schnell bei der Ungeheuerlichkeit, die man selbst fühlt und nicht erklären kann: Warum geht es nicht anders? Hier darf man sehr ehrlich sein und auch sagen, dass man selbst vielleicht keine Antworten hat. Auf geäußerte Ängste hingegen sollte man klarer, bestärkend und Schutz gebend reagieren. ‚Du musst keine Angst haben‘ spricht einem Kind sein Gefühl ab, was nicht empfehlenswert ist. Guckt die Ängste stattdessen gemeinsam an: Wie realistisch sind sie? Was kann helfen? Was kann man tun? Was sollte man lassen? Zum Beispiel sollte man unseriöse Quellen meiden und auch nicht unbedingt einen Live-Ticker verfolgen, der kontinuierlich Bedrohung fühlen lässt. Sprich: Kindern sollten sich nicht ausgeliefert fühlen, sondern aktiv und beschützt so sehr es geht. Die beste Hilfe sind sicher extra auf die Kleinen abgestimmte Kindernachrichten.“

Als weitere Lektüre für Eltern empfiehlt Inke Hummel den Ratgeber „So rede ich richtig mit meinem Kind: Wie Worte wirken. Konflikte fair lösen. Stressfreier erziehen.“ (Affiliate Link) und für (Grundschul-)Kinder das Buch „Bestimmt wird alles gut“ (Affiliate Link). Und wir Eltern, glaube ich, sollten bei allem Bedarf nach Nachrichten, Informationen und Einschätzungen zu Russlands Krieg gegen die Ukraine nicht Peter Lustigs Empfehlung aus unserer eigenen Kindheit vergessen:

Inke Hummel (Foto: Benjamin Jenak / Veto Magazin)

Wie würdet Ihr Euren Kindern die aktuelle Lage näherbringen? Oder habt Ihr schon? Und welche Fragen soll Inke in Zukunft hier beantworten? Schreibt es gerne in die Kommentare!

Inke Hummel ist Pädagogin M.A., lebt mit ihrer Familie in Bonn und bietet Eltern als Familienbegleiterin, Erziehungsberaterin und pädagogischer Coach Beratung an. Ihr neuestes Buch „Nicht zu streng, nicht zu eng“ (Affiliate Link) ist am 23. Februar 2022 im Humboldt-Verlag erschienen. Folgt ihr gerne auf Instagram und Twitter.

3 Gedanken zu „Wie ich meinen Kindern Krieg erkläre

  1. Hallo Fabian,

    meine Kinder sind 5 und 3. Der Fünfjährige fragt in letzter Zeit immer wieder was Militär ist und seid gestern auch, ob das Militär jetzt hier herkommt und ob Bomben unser Haus zerstören.
    Ich versuch hier auch ganz einfach und unaufgeregt die Dinge zu erklären und ihm so einfach, wir möglich seine Fragen zu beantworten. Allerdings erkläre ich ihm schon auch, dass er keine Angst haben braucht, da der Krieg noch relativ weit weg ist.
    Meine Erklärung was Krieg ist lautet ungefähr so: „Das ist wie wenn sich zwei Streiten und dann anfangen sich zu hauen, nur dass sich keine Kinder streiten sondern ganze Länder.“
    Den aktuellen Krieg erkläre ich, dass das eine Land etwas haben will, was dem anderen gehört und versucht sich es jetzt einfach zu nehmen, aber da diejenigen, die da wohnen es natürlich nicht hergeben wollen kämpfen sie.
    Generell versuche ich aber ihn klar zu machen, dass er mir jede Frage stellen kann und nichts bei und tabuisiert wird. Ich versuche auf ihn einzugehen, seine Ängste und Fragen ernst zu nehmen und ihm nichts vorzuenthalten aber ihn auch nicht zu sehr zu belasten.
    Wichtig finde ich aktuell ihn darauf vorzubereiten, dass sehr wahrscheinlich bald Kinder kommen werden, die nicht seine Sprache sprechen, aber schlimmes erlebt haben und deshalb dringend Freundschaft brauchen, wenn sie hier ankommen, auch wenn sie vielleicht anders sind als er.
    Außerdem habe ich mir mit meiner Frau auch schon überlegt, dass wir selbst Logo schauen, damit wir hier lernen können, wie profis es Kindern erklären.

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