Das perfekte Familien-Tablet gibt es nicht

Medienkonsum, my ass: Wie gerne ich meine Kinder kontrolliert iPad und Co. nutzen lassen würde, wie gut das in der Theorie funktioniert – und woran es in der Praxis kläglich scheitert.

Wer dieses Blog schon länger liest, hat mitgekriegt: Das Thema Mediennutzung beschäftigt mich als Vater, wie gewiss alle Elternteile meiner Generation, schon seit Geburt meiner Kinder. Vor acht Jahren etwa schrieb ich, noch ganz unschuldig und halbwegs ahnungslos ob des da noch Kommenden, über „5 Comic-Charaktere, die ich dank Kindern kennengelernt habe“. Später über den traurigen Abstieg des Feuerwehrmann Sam, die Synchronisation von „Es war einmal… das Leben“, „Was mit Bibi Blocksbergs verschollenem Bruder Boris wirklich passiert ist“ sowie darüber, „Warum ich meine Kids nicht mehr alleine YouTube schauen lasse“ (mittlerweile lasse ich sie manchmal doch). Auch regte ich mich über Leute wie Faisal Kawusi auf, die ohne irgendeine Ahnung Eltern bashen, die ihre Kinder zum Beispiel in Restaurants ans Tablet lassen.

Kid B testet das neueste Tablet inklusive Tastatur, das eigentlich „wirklich nur für die Eltern ist“, von wegen, ich glaube mir als Vater schon seit Jahren kein Wort mehr.

Seitdem meine Kinder in die Schule gehen, wurden auch die Fragen rund um einen angemessenen Medienkonsum ernster: Für LittleYears.de versuchte ich mich an einer Zustandsbeschreibung und stellte Sätze wie „Es hat uns doch auch nicht geschadet!“ infrage. Für das Deutsche Schulportal schrieb ich unter der Überschrift „Darum müssen Kinder Langeweile lernen“ über das richtige Maß an Action, Gaming und Nichtstun in den Sommerferien (und darüber hinaus), danach etwa über Smartphones und Co. und gefährliche TikTok-Trends. Jüngst schilderte ich hier meine teilweise unglaublichen Erfahrungen mit den ersten Smartwatches meiner Jungs.

Wenig überraschend: So lange wir keine Eremiten werden, brechen auch die Fragen rund um Medienkonsum, den richtigen und kontrollierten Einsatz der Nutzung der richtigen Geräte und einer zunehmenden Mündigkeit nicht ab. Aktuell etwa verzweifle ich an der erfolglosen Einführung von kontrollierten Bildschirmzeiten. Aus technischen, psychologischen und finanziellen Gründen.

Vorweg: Diverse Tablets fliegen hier schon länger herum. Unser erstes iPad kauften wir vor elf Jahren für die Stillzeit und nutzten es erst Jahre später wirklich, als Kid A alt genug war, seine ersten Folgen Peppa Wutz und Co. zu schauen. Irgendwann bekam es Risse und gab den Geist auf. Das nächste Gerät kam 2020 ins Haus, wurde selbst im Kleingarten sowie beim Besuch der Großeltern zum treuen Begleiter. Von denen kriegten die Kinder zudem einst ein Fire-Kids-Tablet von Amazon geschenkt, aber mit dem wurde niemand so recht warm (mit deren Echo Dot leider schon). Wohl auch, weil hier schon wieder eine andere eigene Umgebung und Abläufe hätten eingerichtet werden müssen. It is what it is: Wir als Eltern nutzen seit Jahren Apple-Devices. Deswegen finde ich es naheliegend, den Kindern Entsprechendes an die Hand zu geben. Sie zocken mir eh andauernd das iPhone aus der Tasche, wenn das ebenfalls in die Jahre gekommene (und durch einen Sturz wieder gerissene, reparierte und erneut in seinem Touchscreen gerissene) iPad gerade keinen Saft mehr hat und spielen darauf „Brawl Stars“ und „Township“ oder gucken „Checker Tobi“! (Schon da nervt es btw, dass der Spielstand einer App, der auf meinem iPhone unter meiner Apple-ID erreicht wurde, nicht auf dem iPad, das ebenfalls mit meiner ID läuft, nicht synchronisiert wird.)

Ein Grund für mehr Kontrolle (oder paid content): Diese Werbung wurde meinem Sohn in einer kostenlosen, abgesehen von In-App-Käufen angeblich unbedenklichen Gaming-App angezeigt. Ich sah dies nur zufällig.

Und während sich auf der ebenfalls genutzten Handheldkonsole Nintendo Switch via Eltern-App die Spielzeiten nicht nur nachschauen, sondern auch auf Tages- oder Wochenbasis limitieren lassen (nicht zur Freude der Kinder), dachte ich eines Tages: Moment, sowas muss auf dem iPad doch auch funktionieren. Spoiler: Tut es, natürlich, Hersteller Apple bietet mir dafür – in seiner eigenen Umgebung und wenn man sich in die nicht immer allzu intuitiven Einstellungen reingefuchst hat – theoretisch alle Tools der Welt. Praktisch aber scheitert es an einer eigentlich ganz banalen Sache.

Was ein iPad oder iPhone für Familien eigentlich alles kann – und was nicht

Ich dachte: Um auf unserem iPad, das über meine Apple-ID läuft, Bildschirmzeiten zu begrenzen und für mehr Kindersicherheit zu sorgen, gehe ich einfach in die dortigen Einstellungen und lege Auszeiten, App- und Kommunikationslimits sowie andere Beschränkungen fest. Pustekuchen: Wenn ich dies tue, greifen die Einstellungen wegen derselben Apple-ID aber parallel auf meinem iPhone und meinem MacBook, also all „meinen“ Geräten. Stattdessen muss ich also für mein Kind eine eigene Apple-ID mit exakter und im Nachhinein nicht mehr anpassbarer Altersangabe einrichten. Danach werden sämtliche Einstellungen für meine eigene Nutzung des Geräts obsolet. Dafür eröffnen sich nun diverse neue Möglichkeiten.

In der sogenannten Familienfreigabe kann ich von meinen nun verbliebenen eigenen Geräten aus nicht nur die Bildschirmzeiten des Kinderprofils begrenzen und die Nutzung bestimmter Apps oder App-Gruppen („Spiele“ vs. „Schule“, zum Beispiel) verbieten oder erlauben. Ich kann Kauf- und Downloadanfragen aus dem App Store genehmigen und Musik, Filme, Bücher oder Abos von bis zu sechs Familienmitgliedern gemeinsam nutzen lassen. Ich kann mit „Wo ist?“ weiterhin den Standort des Geräts und damit – das wird wohl erst mit eigenem Smartphone wichtig und ersetzt dann idealerweise das mitunter lumpige Tracking mancher Smartwatches – den meines Kindes tracken. Wir können gemeinsame Fotoalben befüllen und Checklisten teilen. Und das Gerät gibt, sofern es schon zum Chatten mit Freund*innen genutzt werden darf, gut gemeinte, aber im Zweifel leicht ignorierbare Warnungen, wenn das Kind Fotos oder Videos mit Nacktdarstellungen erhält oder versucht, diese zu senden.

Ihr erahnt vielleicht mein Grundproblem mit all diesen an sich ja guten Features: Um kurz- und langfristig Streit um die Geräte und ihre dem jeweiligen Alter entsprechenden Einstellungen und Downloads zu vermeiden, braucht jedes Kind ein eigenes. Und ich habe gleich zwei davon (also Kinder). Anders als in Apples Macs oder MacBooks nämlich ist bei iPads und iPhones ein Benutzerwechsel NICHT möglich. Dabei würde schon diese Möglichkeit dafür sorgen, dass ein iPad pro Haushalt (bei funktionierenden zeitlichen Absprachen) als Familientablet genutzt werden könnte. Jedes Familienmitglied könnte so seinem Alter entsprechend dort weiterarbeiten oder spielen, wo es aufgehört hat. Kein Kind müsste darüber meckern, dass sein Bruder ohne seine Erlaubnis das nächste Level in seinem Lieblingsspiel gezockt hat. Die Möglichkeiten der Individualisierung eines jeden Profils in der Familienfreigabe blieben davon unberührt. Liebes Apple-Team, die Ihr doch so familienfreundlich agiert mit der Unterstützung und Erweiterung all dieser Features: Soll ich wirklich jedem Kind und schon in diesem Alter ein eigenes Gerät kaufen müssen? Das hättet Ihr wohl gerne! Klar, spätestens im Teenager-Alter werde ich ihnen ein eigenes Smartphone – sie nutzen jetzt schon, ohne SIM-Karte und nur für den Heimbetrieb, ein altes iPhone von mir – nicht länger vorenthalten können. Aber wir können uns das, wenngleich nicht ohne mit der Wimper zu zucken, leisten. Sehr viele andere Familien können das nicht. Ich finde: Inklusion und Barrierefreiheit, also Werte, mit denen sich Apple auch brüstet, fangen nicht erst bei der tatsächlichen Nutzung und bei technischen Details an.

Ist mir klar, dass sich Computer und Tablets in dieser Preisklasse nicht jede Familie leisten kann und will, egal wie oft die Kinder fragen. Ich arbeite damit.

Auf einem Familien-Workshop, zu dem Apple im Juli lud und bei dem ich auch Alu von „Große Köpfe“ endlich mal wieder traf, warf ich mein konstruktiv gemeintes Feedback zum fehlenden Userwechsel aus Sicht eines verzweifelnden Vaters übrigens immer wieder ein. Man dankte mir dafür, nehme es sehr ernst und arbeite daran. Zumindest das will ich bei aller Liebe nicht so recht glauben, das Feature wäre ja längst da. Ihr schafft das schon!

Vielleicht hilft auch hier Abwarten, hat Eltern ja oft noch immer geholfen. Der jüngste, von mir auszusitzende Wunsch von Kid B zum Beispiel lautet: „Ich will einen eigenen Gamingroom haben! Mit Gaming-Sessel, PC, Playstation, ‚Brawl Stars‘-Figuren und so weiter!“ Ja, vielleicht hat er bereits zu viele YouTube-Videos gesehen. Neulich verabschiedete er sich mit den Worten: „Ciao Leute, ich bin raus, lasst mir ein Like da.“ ROFLCOPTER!

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