Maternal Gatekeeping: Wenn Mütter angeblich zu Türsteherinnen mutieren

Lass mal Schatz, ich mach das schon!“: Das Phänomen Maternal Gatekeeping ist heiß diskutiert. Klar ist, dass es keine Ausrede für Väter sein darf, sich nicht um ihre Kinder zu kümmern. Für das Dadmag von „Men’s Health“ habe ich mich an eine Begriffsklärung gewagt. Hier ein Auszug daraus.

Einer der berühmtesten und schließlich tragischsten Türsteher der jüngeren Fernsehgeschichte: Hodor aus „Game of Thrones“

Eine der für mich beeindruckendsten Szenen der gesamten „Game Of Thrones“-Serie fand in Folge 5 der sechsten Staffel statt: Sie zeigte, wie der wortkarge und scheinbar einfältige Hodor, Diener des Hauses Stark, zu seinem Namen kam. Er hielt die Tür gegen die Wiedergänger, er war stark, er hielt und hielt, er drückte dagegen, „Hold the Door!“, „Versperre die Tür!“, riefen sie ihm und er selbst sich zu, immer lauter, immer aufgeregter, immer verzweifelter, bis davon nur noch ein „Hodor!“ nachhallte – und er am Ende war, nachgab und starb.

Ich übertreibe nur geringfügig: So oder so ähnlich muss man sich Mütter vorstellen, wenn man den Verfechter:innen des Phänomens des sogenannten Maternal Gatekeeping glaubt. Übersetzt bedeutet dieser Begriff so viel wie mütterliches Türstehen und soll Mütter mit einem gesteigerten Kontrollbedürfnis beschreiben. Solche, welche die Väter ihrer Kinder nicht an eben jene heranlassen. Der angebliche Grund: Sie wissen besser, wie das mit Baby und Bindung so geht, und Papa macht ja eh alles falsch.

Es herrscht weithin der Glaube vor, Maternal Gatekeeping wäre ein Buzzword, ein gefühltes Problem, aber kein wissenschaftlich belegtes. Tatsächlich haben sich den Begriff des Maternal Gatekeeping keine Männer ausgedacht, die ihren Ex-Frauen die alleinige Schuld dafür in die Schuhe schieben wollen, dass sie ihre Kinder nicht mehr sehen dürfen. Väterexperte Hans-Georg Nelles von der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in Nordrhein-Westfalen erklärt: „Der Begriff wurde erstmals 1989 in der Dissertation ‚Toward a reconceptualization of paternal involvement in infancy: The role of maternal gatekeeping‘ von Ashley Howard Beitel beschrieben, inzwischen gibt es mehr als 3.000 wissenschaftliche Arbeiten.“ 1999 etwa wollte die Brigham Young University – eine kirchliche Universität in Utah – herausgefunden haben, dass rund 21 Prozent aller verheirateten Frauen in ihrem Denken und Handeln in die Kategorie des Maternal Gatekeepings fielen. Der deutsch-griechische Pädagoge, Psychologe und Anthropologe Wassilios Fthenakis bestätigte dieses Ergebnis durch eine Langzeitstudie, nach der etwa jede fünfte Frau den väterlichen Einsatz im Familienleben blockiere. Indes: Fthenakis ist auch Sachverständiger zu Themen wie Sorgerechtsfragen nach Trennung und Scheidung, und sein Ergebnis besagt eben auch, dass rund 80 Prozent der Mütter die Väter ihrer Kinder nicht ausbremsen, wie der Radiosender Bayern 2 schon 2015 in einem Beitrag zum Thema feststellte.

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