Sollen Eltern Fotos ihrer Kinder im Internet zeigen? Eine kleine Linksammlung zu einem großen Problem.
Nachdem die Macher der re:publica 15 ihren „Call For Papers“ ausriefen, habe ich, nach einigem Hadern, einen Vorschlag eingereicht. Ich dachte an die Moderation einer Diskussionsrunde unter dem Titel „Elternblogs: Verbloggen wir die Privatsphäre unserer Kinder?“ – ein Thema, das mich seit der Geburt von Kid A und dieses Blogs auch persönlich beschäftigt. Meine Kurzthese lautete: „Dank Facebook ist jede Mama und jeder Papa ein potentieller Elternblogger. Auch echte Elternblogs sind in Deutschland keine Nischenerscheinung mehr. In dieser digitalen Offenheit liegen aber nicht nur Chancen auf neue ‚Elternclans‘, sondern auch Datenschutz-Gefahren: Was kann das Posten von Fotos und anderen Details für die Privatsphäre unserer Kinder bedeuten?“ Erste Blogger und Experten hatte ich sicherheitshalber bereits angefragt, Anfang März aber kam die Absage. Mein Vorschlag passe nicht ins diesjährige Veranstaltungsprogramm, hieß es. Heute weiß ich, dass es offenbar nicht nur an der schieren Menge der Einreichungen oder am vermeintlich wirklich nicht so interessanten Thema lag.
Auf der re:publica 2015 wird die geschätzte Patricia Cammarata aka @dasnuf laut eigener Aussage – im Programm steht die Diskussionsrunde noch nicht – gemeinsam mit ihren „Bloggerkolleginnen Supermom, Berlinmittemom und Herz und Liebe darüber sprechen, ob man Bilder von den eigenen Kindern ins Netz stellen sollte oder lieber nicht“. In einem aktuellen Blogpost führt sie ihren eigenen Standpunkt aus: Bilder, auf denen ihre Kinder erkennbar sind, gehören nicht ins Internet. re:publica-Mitbegründer Johnny Häusler reagiert in einem eigenen Blogpost auf die entstandene Diskussion und differenziert: Das Alter der Kinder etwa spiele bei der Beantwortung der Frage durchaus eine Rolle.
Meine Frau und ich selbst handhaben das ähnlich wie Cammarata: Natürlich posten wir Fotos von Kid A auf Facebook und Instagram, sein Gesicht war aber, wie bei Mr. Wilson aus „Tool Time“, noch nie ganz zu sehen. Seinen Namen habe ich auf diesem Blog hier schon deshalb einst veröffentlicht, weil ich mir von den porträtierten Kiezvätern ja das gleiche wünsche. Und weil ich mal über Babynamen schrieb. Seitdem reicht aber auch das Pseudonym Kid A, finde ich.
Um die Lösung des Problems vorwegzunehmen: Natürlich gibt es nicht die eine richtige. Es ist immer eine individuelle Frage mit individuellen Antworten. Aber eine Grundsatzfrage, vor der nicht nur Elternblogger stehen, sondern alle frischgebackenen Eltern mit Internetzugang und Facebook-Profil. Die Kommentare, die Likes, der Stolz – all das ist zu verlockend, als das man sein Glück nicht mindestens mit seinen Freunden teilen wollen würde.
Was ich aber manchmal ebenso fragwürdig wie das offensive Posten von Kinderbildern in diversen Lebenslagen finde, sind die zu privaten Inhalte mancher Elternblogs. Klar, fast alle von ihnen lassen sich von Alltagserlebnissen zwischen Eltern und Kind zu ihren Einträgen inspirieren. Da geht es dann naturgemäß ums Stillen, Impfen, Stuhlgang, um Trotzphasen, um das Wochenende in Bildern, um Gewichtsstatistiken und Beikost-Tagebücher, manchmal auch nur um die richtigen Klamotten, die Inneneinrichtung des Kinderzimmers, Backrezepte und neue Spielzeuge. All das mag auf der einen Seite für mitlesende Eltern sehr interessant sein. Auf der anderen Seite frage ich mich, was zur Hölle die detaillierten Entwicklungsschritte (m)eines Babys im Internet verloren haben sollen.
Die anfangs gestellte Grundsatzfrage mündet also in weitere Fragen: Wie viel Privatleben braucht ein Elternblog, wie viel verträgt es? Instrumentalisiert man als Elternblogger seine Kinder für die Darstellung seiner eigenen Person oder gar zum Erreichen kommerzieller Ziele – Reichweite, Werbebudgets und so weiter? Und vor allen Dingen: Was kann mit Fotos und anderen Details über mein Kind passieren, wenn ich diese Informationen Unternehmen wie Facebook zur Verfügung stelle?
Die Frage nach der Instrumentalisierung beantwortet Patricia Cammarata mit einem eindeutigen „Ja“: „Die Likes, Kommentare oder Favs sind ein positives Feedback für die postenden Eltern – den Kindern bringen sie nichts“, schreibt sie. Was hingegen bei Unternehmen wie Facebook mit den gewonnenen Daten passieren kann, ist reine Spekulation. Datenklau, Weitergabe, Werbetargeting, Gesichtserkennung sind bloß einige Stichwörter möglicher Szenarien. Auf Slate.com beschrieb Amy Web deshalb vor anderthalb Jahren, wie rigoros sie auf Facebook für ihre Tochter verzichte. In dieser Hinsicht halte ich es ganz pragmatisch: Wer nicht will, dass seine Daten und Fotos bei fremden Unternehmen liegen, darf, Stand 2015, das Internet und Smartphones schlichtweg nicht benutzen. Ein welt- und gegenwartsfremder Gedanke. Nicht nur für Elternblogger.
Weiterlesen:
- Vereinbarkeitsblog: Warum Elternblogger immer an ihre Kinder denken sollten
- Steve Rückward: Kinder im Social Web? Ja doch, bitte!
- Caroline Fetscher, Tagesspiegel: Das Zurschaustellen der eigenen Kinder im Internet ist Missbrauch
- Philippe Wampfler: Kinderfotos auf Social Media
- Herz und Liebe: Warum ich meine Kinder öffentlich zeige
Naja, das Fazit am Ende stimmt natürlich generell, du differenzierst da ja aber nicht zwischen öffentlichen und nicht öffentlichen Daten. Es ist ja ein ziemlicher Unterschied, ob ich die Fotos meines Kindes in der Öffentlichkeit meines Blogs oder des riesigen Freundeskreises bei Facebook poste, oder z.B. in einem Fotostream mit den engsten Familienmitgliedern teile..
Letztlich kann das nur jeder für sich ausmachen, aber kurz innehalten und an die Folgen eines Posts denken, schadet wohl nie.
Oh, danke für den Backlink.
Ich sehe das anders als du, da diese Entwicklungsschritte sehr allgemein sind und sie jedes Kind irgendwann durchmacht, hat das nichts mit fehlender Privatsphäre zu tun. Ich schreibe nicht über die negativen Ereignisse, die meinen Kindern irgendwann zu Verhängnis werden könnten.
Das, was ich beschreibe, findest du in jeder Liste „Das kann mein Kind mit X-Monaten“. Also bitte ich um ein wenig mehr Höflichkeit in der Formulierung.
Viele Grüße
Sarah