„May The Fourth Be With You“: Anlässlich des internationalen „Star Wars“-Tags am 4. Mai stelle ich ein weiteres Kapitel aus meinem Buch „Väter können das auch!“ als exklusive Leseprobe vor. Darin geht es, natürlich, um gute und schlechte väterliche Vorbilder aus Funk und Fernsehen.
»Versuchen ist der erste Schritt zum Versagen.«
(Homer J.Simpson)
Vor ein paar Jahren tippte ich auf meinem Blog eine launige Liste herunter: Unter der Überschrift »10 Väter, die lieber keine Vorbilder sein sollten« versammelte ich von Homer Simpson über Al Bundy und Darth Vader bis Phil Dunphy aus der Sitcom »Modern Family« all die Prachtexemplare, die im schlimmsten Fall durch Dummheit, Ignoranz und toxische Männlichkeit glänzen, im besten Fall durch den Versuch, ein halbwegs guter Vater zu sein. Was sie alle eint: Sie gelten als sogenannte »Idiot Dads«, als Väter, die nichts auf die Kette kriegen – und sie begleiteten meine Generation durch ihre Jugend. Blöde Väter galten und gelten als lustig, Spielplatzhelden wie Phil Dunphy als das Gegenteil von cool, nämlich cool gemeint (»Wenn mein Sohn mich für einen seiner idiotischen Freunde hält, habe ich als Vater Erfolg gehabt.«). Auf Instagram sind bis heute die Memes und Videos besonders erfolgreich, die dokumentieren oder parodieren, was Väter alles falsch machen. Zum Beispiel beim Windelwechselversuch würgend zur Toilette rennen und das Baby in der Zeit allein auf dem Wickeltisch liegen lassen. Dass diese Klischees und Vorurteile auf das Image aller anderen Väter abfärben? Kollateralschaden.
Ein »Idiot Dad« waren weder die Väter meiner Freunde noch mein eigener Vater, und ich kann auch sonst nichts Schlechtes über ihn sagen (außer, dass er zu viel arbeitet). Aber bei einer Sache würde er mir beipflichten: Wie ich Windeln wechsle oder Essen koche, hätte ich von ihm nicht lernen können. Die Verantwortlichkeiten waren in seiner Familie klar aufgeteilt, so wie sie bei den meisten Familien seiner Generation klar aufgeteilt sind. Daran gibt es nichts auszusetzen, wenn diese Aufteilung dem freien Wunsch und Einverständnis aller Beteiligten entspricht.
Vätern von heute fehlt es damit oft an (realistischen) Vorbildern. Viele wollen ihre Rolle ernst und so gut es geht wahrnehmen. Kaum einer weiß, wie das funktionieren könnte. Natürlich machen Väter Dinge anders als Mütter. Natürlich werden einige von ihnen ihre Aufgaben nicht allumfassend sehen und teilweise falsch machen. So wie wir alle Dinge falsch machen, wenn wir sie zum ersten Mal machen, nicht als Paar darüber reden und niemanden haben, der uns zeigt, wie das so geht. Man nennt es Lernen. Und wenn Mütter das können, können Väter das auch.
Um bei den eingangs erwähnten Nicht-Vorbildern aus Funk, Fernsehen und Popkultur zu bleiben: Selbst Darth Vader war nicht immer böse. Geboren als Sklave auf dem Planeten Tattoine, entdeckt von Qui-Gon Jinn und ausgebildet von Obi-Wan Kenobi, macht sich der junge Anakin Skywalker auf, ein Jedi-Ritter zu werden. Er lernt Padmé Amidala kennen, heiratet und schwängert sie und hätte für ihren Schutz sein Leben gegeben. Padmé starb trotzdem nach der Geburt ihrer Zwillinge. Anakin wäre fortan ein alleinerziehender Vater gewesen, hätte er mit irgendwelchen halbseidenen Sith Lords nicht vorher schon krumme Geschäfte gemacht. Seine Kinder Luke und Leia wuchsen bei Adoptiveltern auf. Halb zog sie ihn, halb sank er hin: Kein Wunder, dass Anakin bald selbst vollends auf die dunkle Seite der Macht wechseln würde – wer kann schon mit solch einem Verlust leben sowie damit, seine neue Rolle noch vor Dienstantritt derart verkackt zu haben?
Diese grobschlächtige Zusammenfassung der Geschehnisse aus »Star Wars: Episode II« und »Star Wars: Episode III« mag einerseits als Science-Fiction-Nerd- oder wahlweise Grundwissen durchgehen, andererseits als Analogie auf die Väterrolle: So wie Darth Vader als Anakin Skywalker mal klein anfing und nichts Schlechtes für seinen ungeborenen Nachwuchs im Sinn hatte, so ist auch kein anderer Mann von Geburt an dazu bestimmt, ein guter, schlechter oder irgendein Vater zu werden. Rollenbild und Selbstverständnis entwickeln sich durch Erziehung und Sozialisation. So wie man sich heutzutage in der westlich zivilisierten Welt in der Regel selbstbestimmt dafür oder dagegen entscheiden kann, Mutter oder Vater zu werden, kann man auch entscheiden, was man daraus macht – selbst ohne Vorbilder. Wir Väter können zum Beispiel versuchen, da zu sein statt »Ich kann das nicht!« zu rufen oder wie Darth Vader das Weite zu suchen und erst kurz vor seinem Tod die Liebe für seine Kinder wiederzuentdecken. Das Ende von »Episode VI: Die Rückkehr der Jedi-Ritter« lehrt uns: Selbst der als Vater dauerabwesende Sith Lord hatte eine Wahl! Wir könnten versuchen, uns nicht auf unserem veralteten Steinzeitimage als Ernährer und Hauptverdiener auszuruhen. Wir könnten uns die Kinder nicht nur schnappen, damit Mama mal kurz durchatmen darf, sondern weil wir Zeit mit ihnen verbringen wollen. Wir könnten den Mental Load, also die gedankliche Last der Alltagsplanung, nicht der Frau überlassen, sondern zu einer gemeinsamen Aufgabe machen. Wir könnten nicht nur Wochenendväter sein, die mit ihren Babys sonntags Brötchen kaufen gehen und mit ihren älteren Kindern mittags auf den Bolzplatz, sondern täglich anwesend sein und teilhaben. Wir könnten – und sollten, vor allen Dingen – aber ein- fach mal machen. Es gibt genug zu tun.
Mein Buch „Väter können das auch!“ ist am 21. März 2022 im Kösel-Verlag / Penguin Random House Verlagsgruppe erschienen. Hier könnt Ihr es bestellen und bewerten, hier findet Ihr dazugehörige Interviews, Rezensionen und Podcast-Folgen, hier eine weitere Leseprobe, hier könnt Ihr mich für Lesungen, Speaker-Auftritte und Kaffee buchen, hier folgt Ihr mir auf Instagram.