10 Netflix-Empfehlungen für Eltern, die nie so ganz Feierabend haben

Von „Stranger Things“ und „Dark“ über „Tote Mädchen lügen nicht“ bis „Mudbound“: Die folgenden Serien und Filme lassen wohl gerade Mütter und Väter nicht ganz kalt.

Hätte ein beliebtes Mädchen werden können, doch ihre Mitschüler trieben sie in den Selbstmord: Hannah Baker in „Tote Mädchen lügen nicht“. Ihre Eltern ahnten nichts.
Hätte ein beliebtes Mädchen werden können, doch ihre Mitschüler trieben sie in den Selbstmord: Hannah Baker in „Tote Mädchen lügen nicht“. Ihre Eltern ahnten nichts. (Foto: Netflix)

2017 war das Jahr, in dem Kid A und damit auch wir „Die Eiskönigin“ kennenlernten. In einem schwachen Moment während der Adventszeit steuerten wir die „Kids“-Sektion auf Netflix an – in der es übrigens eine eigene Rubrik für Bären-Content gibt –, sahen den dank unausweichlichem Merchandise und Kinderkleidung bereits bekannten Film in den Vorschlägen und dachten: Ach, was soll’s.

Seitdem war es um Kid A geschehen: Würde es nach ihm gehen, wir würden Disneys jungen Klassiker mehrmals täglich bingewatchen. Zu Weihnachten war ein Hörspiel von „Frozen“ fällig und ein Kuscheltier von Olaf, dem Schneemann, seitdem begrüßt Kid A Gäste mit „Hallo, ich bin Olaf, und ich liebe Umarmungen!“.

Zum Glück aber gibt es noch andere Filme und Serien auf Netflix. Schließlich sollten Eltern, wenn die Lütten endlich im Bett sind, eigentlich andere Sachen machen, anstatt sich weiterhin mit ihrer Rolle und Verantwortung zu beschäftigen. Manchmal geht das eine aber nicht ohne das andere: Wie es der Zufall so will, spielen Kids und Familienschicksale in diversen zuletzt sehr sehenswerten Serien und Filmen eine zentrale Rolle. So ist das Leben (und, äh, Sterben) wohl eben.

„Stranger Things“, Staffel 2

Will ist wieder da, das Monster besiegt, Eleven verschwunden – so endete die erste Staffel von „Stranger Things“, einer Mischung aus „Alien“ und „E.T.“, die auch dank ihrer 80er-Referenzen auf der Stelle zur Kultserie avancierte und diesen Status mit der zweiten Staffel festigen kann: In der US-Kleinstadt Hawkins treiben Wissenschaftler, Demogorgons und die Existenz einer Parallelwelt namens Upside Down weiter ihr Unwesen, Eleven, ihre Freunde und ein paar neue Gesichter kämpfen dagegen an. Folge 7, in der der Cliffhanger aus der ersten Szene der neuen Staffel aufgelöst wird, bleibt im Rückblick nichts als ein ärgerlicher Lückenfüller. Und am Ende der neun neuen Folgen die nicht neue Erkenntnis, dass alle Eltern sich für ihre Kinder solch gute (und clevere) Freunde wünschen sollten, wie Mike, Will, Dustin, Lucas, Max und Eleven es sind.

„Dark“, Staffel 1

Deutschlands erste Netflix-Serie – und ein unterm Strich sehr gelungener Versuch, „Tatort“-Drögheit gegen US-Mystery und große Twists einzutauschen: In der fiktiven Kleinstadt Winden verschwindet zum wiederholten Mal ein Junge. Sein Vater, Polizist und Fremdgeher Ulrich, macht sich auf die Suche, landet buchstäblich in der Vergangenheit, findet eventuell gar einen Weg, die Zukunft zu verändern und steht vor der Frage, wie weit man als Vater gehen darf, um sein eigenes Kind zu retten (milder Spoiler: sehr weit). „Stranger Things“, „Zurück in die Zukunft“ und „Lost“ lassen grüßen, nur die bedeutungsschwangeren Holzhammer-Dialoge sind stellenweise unerträglich.

„Mudbound“

Zweieinhalbstündiges Rassismusdrama, das nach dem Zweiten Weltkrieg im Süden der USA spielt. Die Söhne zweier benachbarter Familien – die eine schwarz, die andere weiß – kehren traumatisiert aus dem Krieg zurück und freunden sich wegen ihrer Erfahrungen an. Besonders deren Vätern und Großvätern gefällt das nicht, die Lage eskaliert und gipfelt in erschütternden Szenen, von denen man sich nicht nur als Eltern nicht vorstellen will, dass sie so oder so ähnlich auch in Wahrheit passiert sind und immer noch passieren könnten (siehe Charlottesville).

„Mindhunter“, Staffel 1

Aus heutiger Sicht unvorstellbar: Das sogenannte „Profiling“ wurde beim FBI erst in den Siebzigern eingeführt. Die halbfiktive und von David Fincher produzierte Serie „Mindhunter“ basiert auf dem gleichnamigen True-Crime-Buch von John E. Douglas und begleitet die Agenten Holden Ford („How do we get ahead of crazy if we don’t know how crazy thinks?”) und Bill Tench dabei, wie sie real existierende Serienmörder wie Edmund Kemper und Jerome Brudos treffen, um ihr Wesen zu verstehen. Denn auch sie waren mal Kinder, deren Eltern bloß das Beste für sie wollten. Oder eben nicht. Eine gute Grundlage für eine spannende und düstere Serie – die Umsetzung bloß hätte noch mehr von beidem vertragen können.

„Manhunt: Unabomber“, Staffel 1

Noch eine Serientäter-Serie, ebenfalls basierend auf wahren Begebenheiten: Zwischen 1978 und 1995 verschickte der als „Unabomber“ bekannt gewordene Ted Kaczynski 16 Briefbomben in den USA. Über Jahrzehnte hinweg tappte das FBI ob seiner Identität und seines Motivs im Dunkeln – bis Profiler Jim Fitzgerald (aus „Avatar“ bekannt: Sam Worthington) sich obsessiv in den Fall stürzt, gegen jeden Widerstand das unbekannte Feld der „comparative linguistics“ beackert und so schließlich Kaczynskis Enttarnung und Festnahme erreicht. „Manhunt: Unabomber“ erzählt in acht spannenden Folgen auch Kaczynskis Vorgeschichte als Wunderkind, Harvard-Student und Versuchskaninchen und endet vor Gericht, in dem Kaczynskis Mutter die einzige ist, die um ihren Sohn weint. Dessen Bruder, der den entscheidenden Tipp lieferte, wird indes als amerikanischer Held gefeiert.

„Wermut“, Miniserie

Zwischen Verschwörungstheorie und Enthüllungsstory: Dokumentarfilmer Errol Morris lässt unter Hilfenahme von nachgedrehten Rückblicken Eric Olson die unglaubliche Geschichte seines Vaters Frank Olson (gespielt von Peter Sarsgard) erzählen. Der für die CIA arbeitende Biochemiker „stürzte oder fiel“ 1953 aus einem Hotelfenster in New York, Eric war damals noch ein Kleinkind. Erst 20 Jahre und viele Recherchen seines Sohnes später erklärt die CIA, Frank Olson sei zu Testzwecken LSD verabreicht worden. Eric Olson glaubt ihnen nicht, recherchiert weiter und fördert, wieder 20 Jahre später, eine ganz andere Version zutage.

„Tote Mädchen lügen nicht“, Staffel 1

Das Thema „Bullying“ war wegen dieser Serie gerade in den USA, den dortigen Medien und unter Teenagern wieder ein öffentliches Thema geworden: In „13 Reasons Why“ (deutscher Titel: „Tote Mädchen lügen nicht“, basierend auf einem gleichnamigen Roman) erzählt ein Mädchen namens Hannah Baker auf posthum in Umlauf gebrachten Kassetten, welche Gründe (um nicht zu sagen: Mitschüler und Lehrer) sie in den Selbstmord trieben. Die Serie wurde ein großer Erfolg für Netflix und stand gleichzeitig unter enormer Kritik. Der Vorwurf: „13 Reasons Why“ verharmlose oder glorifiziere gar Suizid. Eine zweite Staffel wurde bereits angekündigt, die Sorge vor der Schulzeit meiner eigenen Kinder ist seitdem nicht unbedingt kleiner geworden.

„Gypsy“, Staffel 1

Naomi Watts spielt eine Therapeutin, die sich, offenbar aus Überdruss ihres eigentlich beneidenswerten Familienlebens, heimlich in das soziale Umfeld ihrer Patienten einmischt und so unter anderem die deutlich jüngere Sidney kennenlernt. Was als Psychothriller angekündigt wurde, entwickelt sich über weite Teile leider zu einer von Sam Taylor-Johnson („50 Shades Of Grey“) gedrehten Softerotikfantasie, die man nur aus Voyeurismus weiterschaut: Wer betrügt wann endlich wen – und wann fliegt ihr Doppelleben auf?

Ein Nebenschauplatz, der nur kurz thematisiert wird, aber beschäftige: Die achtjährige Dolly trägt gerne Caps, Baseballjacken und kurze Haare und hat in der Schule angeblich ein Mädchen geküsst – Grund genug für den Schuldirektor, ein Problem daraus zu machen. Wie es weitergeht, werden wir nie erfahren: „Gypsy“ wurde nach einer Staffel abgesetzt.

„Jim & Andy: The Great Beyond – The Story of Jim Carrey & Andy Kaufman Featuring a Very Special, Contractually Obligated Mention of Tony Clifton“ (Doku)

Pop- und Filmgeschichte revisited: Die Netflix-Doku „Jim and Andy“ versammelt bisher ungesehenes Behind-The-Scenes-Material der Dreharbeiten zu Miloš Formans „Man On The Moon“ – und ist fast so unterhaltsam und verstörend, wie es Andy Kaufman selbst zu Lebzeiten war. Jim Carrey spielte Kaufman nicht lediglich, er gab am Set vielmehr vor, Kaufman zu sein und erweckte ihn so zu neuem Leben. Er war unpünktlich, unberechenbar, fuhr Autos vor die Wand, redete über sich selbst in der dritten Person und schuf durch dieses Dasein neben viel Frust beim Filmteam einen nahezu unglaublichen, hochpersönlichen Moment, der leider nicht mitgefilmt wurde: Kaufmans Tochter, die ihren Vater nie kennenlernte, redete posthum durch Carrey mit ihm.

Dass selbst Kaufmans Familie dessen Reinkarnation durch Carrey wertschätzte, kann man sich kaum ausdenken; stellenweise wirkt „Jim und Andy“ wie eine humoristische Version von „Inception“ oder „Fight Club“.

>>> zur Rezension auf musikexpress.de

„Better Call Saul“, Staffel 3

Vince Gilligan lässt die Zuschauer weiterhin daran teilhaben, wie aus dem Anwalt und einstigen Trickbetrüger Jimmy McGill der schmierige, clevere und aus „Breaking Bad“ bekannte Winkeladvokat Saul Goodman wurde. Im Grunde passiert nicht viel – das Gegen- und Miteinander zwischen McGill und seinem elektroscheuen Bruder Chuck gleicht aber einem Psychogramm einer Familiengeschichte, die stets auf Neid statt auf Liebe basierte. Der Ehrgeiz von Jimmys Freundin Kim Wexler, die Abgebrühtheit von Mike Ehrmantraut, der Drogenhandel von Gustavo Fring und nicht zuletzt die aufgebaute Sympathie für Jimmy tun ihr Übriges für zehn neue kurzweilige Vergnügen.

Dieser Post ist eine Zusammenstellung aus dieser und dieser Liste hier.

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