Siesta auch in Skandinavien

Wegen steigender Temperaturen sind auch die guten alten Sommerferien nicht mehr das, was sie mal waren. Wo hält man es überhaupt noch aus? Und worauf müssen Eltern achten?

sun drawing sunscreen on child s back photo
Sonnencreme war im Urlaub noch nie eine schlechte Entscheidung, wird aber auch in Deutschland selbst im Frühjahr immer notwendiger. (Photo by Kindel Media on Pexels.com)

Was waren das für Zeiten: Stundenlang planschten die Kinder am Strand, während die Eltern ihre Haut in der Sonne gerbten, als Statussymbol für die Daheimgebliebenen. Der Sommerurlaub der Deutschen galt in den vergangenen 60 Jahren als Institution, als Manifest des wirtschaftlichen Erfolgs und als Höhepunkt des Familienjahres. In den kommenden 60 Jahren dürfte dieses Bild, das viele heutige Eltern junger Kinder aus ihrer eigenen Kindheit wie ein vergilbtes Foto kennen, vollends verschwinden.

Der Juni 2023 war der weltweit heißeste Juni, der 4. Juli der weltweit heißeste Tag seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Allein in Deutschland sind im vergangenen Jahr Schätzungen zufolge rund 4500 Menschen an Hitze gestorben.

Alte Menschen, Pflegebedürftige, Vorerkrankte, aber auch Kinder, Schwangere und Menschen, die sich beruflich oder privat viel im Freien aufhalten, seien besonders gefährdet, sagt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Interviews. Sein Ministerium brütet dieser Tage einen sogenannten Hitzeplan aus, um „die Bevölkerung stärker vor den Gefahren zunehmender Hitze zu warnen und Pflegeheimen, Kommunen, Krankenhäusern konkrete Konzepte zur Verfügung zu stellen, um auf Hitzewellen zu reagieren“.

baby wearing green tank top
Dürften in der Zukunft immer weniger werden: Strandurlaube mit Kleinkindern im Süden (Photo by Oleksandr Canary Islands on Pexels.com)

Und nicht nur Deutschland schwitzt und kollabiert. Noch viel dramatischer sieht es in unseren traditionellen Urlaubsländern aus. Hitzewellen rollen durch Süd­europa, und die Aussichten stehen auf weitere Erwärmung: 48 Grad Celsius werden in Sardinien er­wartet, 44 in Griechenland. In der spanischen Region Extremadura wurden schon jetzt punktuell 60 Grad gemessen.

Wären wir nicht ganz schön doof, uns und unsere Kinder die­ser Hitze auszusetzen? Was also bedeutet der Klimawandel für un­ seren Familienurlaub?

Für Nick Sawatzki ändert die steigende Hitze nicht viel am bisherigen Urlaubsverhalten seiner Familie. Der 41­jährige Vater zwei­ er Kinder (5 und 2) aus Prenzlauer Berg arbeitet als Radiomoderator und Redakteur, seine Frau als Pro­jektmanagerin. Im Frühjahr sind sie „klimasündermäßig“ zu viert eine Woche nach Ägypten geflo­gen, all ­inclusive, weil der „Durst nach Strand und Sonne“ so groß war. In der Hauptsaison käme Sa­watzki wegen der dortigen Tem­peraturen nicht auf die Idee.

In den kommenden Sommerfe­rien wollen sie, wie schon in den Jahren davor, mit dem Zug und Fahrrädern nach Sylt reisen. Dies sei ohnehin entspannter, findet er, weil die Kinder während der Fahrt herumturnen können und ihre Uroma dort eine Ferienwohnung hat. Dass das Auto stehen bleibt, sei ein positiver Nebenaspekt. Und die Packliste in immer ge­wöhnlicher werdenden Hitzesom­mern wie diesem? Neben UV­ Shirts, Sonnencreme mit Licht­schutzfaktor 50 und Käppis „nicht mehr als sonst auch“.

Ob das reicht? Der Sonnen­schutz werde regelmäßig unter­ schätzt, sagt Dr. Kristin Zwenzner aus Bayreuth. In den Kinderarzt­praxen des Landes ist der Klima­wandel längst angekommen. Son­nencremes mit Lichtschutzfaktor 50+ seien bei Kindern seit Jahren Standard. Aber: Die müssten schon im Frühjahr genutzt wer­den. Bei 20 Grad Celsius denke niemand daran, dass die Kinder trotzdem mit rotem Gesicht nach Hause kommen können.

Zwenzners Wunsch als Ärztin und Mutter an die Modebranche lautet deshalb: „Entwickelt ge­scheite Sonnenhüte, die die Ohren verdecken!“ Neben guten Sonnen­brillen sollte Kleidung mit UV­-Schutz ebenfalls zum Standard­-Repertoire bei Kindern gehören: Die Haut der ganz Kleinen ist zu empfindlich für Creme, da brau­che es Sonnensegel oder Strand­muscheln, die den sogenannten australischen Standard erfüllen.

Um grundsätzlich der gestiege­nen Gefahr von Hitzeschlägen ent­gegenzuwirken, empfiehlt Zwenz­ner nicht nur mehr Zeit im Schat­ten und viel Wasser („keine Süß­getränke!“), sondern eine Siestazeit wie in südlicheren Län­dern. Im Hochsommer zwischen 11 und 15 Uhr sollten Eltern mit Kindern gar nicht rausgehen.

(…)

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Zurück nach oben