Lach- und Sachgeschichten aus Fantasie und Alltag: Yessica Yeti führt sich in seinem ersten Buch „Aus dem Bauch heraus – eine Autobabygraphie“ seine werdende Vaterrolle ganz genau vor Augen. Seiner Freundin und den Lesern erfrischenderweise auch.
Eigentlich wollte Yessica nie Kinder haben. Mit Sex kannte er sich zwar schon als Teenager aus. Die Bilder und das Fachwissen holte er sich als 15-Jähriger von seinem Vater, den er nur einmal im Monat sah; in seinem Block klärte Klein-Yessi dann die anderen Kinder auf. „Die anderen haben Mofas. Ich habe eine Gitarre. Die anderen wollen Sex. Ich weiß, wie es geht!“, sagt er. Aber eigene Kinder, nein, die holte er sich auch später nicht in die eigene Wohnung, „als gelernter Erzieher kenne ich meinen Feind!“. Auch seiner Mutter erklärte er mehrfach und am Ende einmal lautstark vor Freunden, damals auf dem Ernst-Reuter-Platz in Monheim am Rhein, sich die Idee eines Enkelkindes ein für alle Mal aus dem Kopf zu schlagen. Doch dann kam Lili. Und damit die einzige eventuelle Erklärung dafür, warum Yessica Yeti plötzlich doch ein Kind haben will.
Yessica Yeti heißt eigentlich Christian Rulfs. In Kölns und Berlins Pop-, Rock-, Indie- und Medienwelt kennt man ihn wahlweise als Ex-Gitarrist der Yeti Girls, als Kolumnisten des vor vier Jahren verschiedenen Musikmagazins „unclesally*s“, als „Journalisten-Autoren-DJ-Musiker-Moderatoren-Tanzbär“ (Yeti über sich selbst) oder gar nicht. Er war wohl das, was man gemeinhin einen Berufsjugendlichen nennt und durchlebte laut eigener Aussage vier Pubertäten. Heute aber ist der 47-Jährige außerdem Werbetexter und Vater einer dreijährigen Tochter, und wie es dazu kommen konnte, schildert er sehr pointiert in seinem im Juli erschienenen ersten Buch „Aus dem Bauch heraus“.
In dieser „Autobabygraphie“ erzählt Yeti häppchenweise – die Kapitel sind so wohl portioniert und konsumierbar wie Babybrei-Gläschen, sie hätten auch als Blogposts funktioniert – von seiner Jugend, Kinderwunschkliniken, Schwangerschaftstests, Ultraschallaufnahmen, Urlauben in Kroatien und Familienbesuchen in Bosnien, Babynamen und so weiter. All das macht er mit einer Schmissigkeit, starken Bildern und Vergleichen sowie kurzen Sätzen, die die Pointe zwar ständig suchen, aber sie erstens auch fast immer finden und zweitens das nötige Herzblut fürs Sujet nie vermissen lassen. „Aus dem Bauch heraus“ ist nämlich mehr als nur eine Sammlung von Anekdoten, aus denen eine Geschichte wird. Es ist ein Liebesbrief an Yessicas Freundin.
Vermeintliche Nebensächlichkeiten des Alltags, der ja für werdende Eltern (von gewordenen ganz zu schweigen) eh keiner mehr ist, dreht Yeti mindestens einmal durch seinen Gedankenfleischwolf. Heraus kommen bisweilen Fantastereien, die auf wahren Begebenheiten beruhen, und Randnotizen, die so zum Mittelpunkt werden. Yeti legt etwa die gastronomische Meisterleistung von ex-jugoslawischen Gastgeberinnen offen, die für jeden Gast drölf verschiedene Essensoptionen am Herd und auf dem Tisch durchspielen, damit bloß für alle gesorgt sei. Er assoziiert den Kottbusser Damm zwischen Kreuzberg und Neukölln mit Paris. Er wünscht sich für sein Kind und das seiner Freunde Namen wie von der Familie Feuerstein. Und so weiter. Vor allem aber: Kaum ein Kapitel im 253 Seiten starken Buch, das ohne Verweis auf Lili und eine weitere Feststellung darüber auskommt, warum sie für Yeti die beste Frau der Welt ist.
Er hätte es gar nicht sagen müssen: Yeti war neun Monate lang selbst schwanger, natürlich auch das allein dank Lili. Bei der Geburt von Pebbles, so der Arbeitstitel des Babys, endet dieses erfrischend kurzweilige Buch, das zum Glück nie ein Ratgeber sein will. Gut möglich, dass Teil zwei schon in Yetis Kopf oder Notizbüchern existiert. Bis dahin: Gebt dem Mann, der er laut eigener Aussage jetzt geworden ist, eine Lesebühne!
Yessica Yeti – „Aus dem Bauch heraus. Eine Autobabygraphie.“, Dumont, 253 Seiten, 23. Juli 2014.
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