Kiezväter (#17): Niklas mit Sophie

Noch hat Sophie ihren Papa Niklas ganz für sich. Das wird sich bald ändern: Ende Oktober erwarten er und seine Freundin ihr zweites Kind
Noch hat Sophie ihren Papa Niklas ganz für sich. Das wird sich bald ändern: Ende Oktober erwarten er und seine Freundin ihr zweites Kind

Dass da oben sind Niklas und Sophie. Niklas ist 37, kommt ursprünglich aus Bremen und arbeitet als selbständiger Sounddesigner. Sophie wird Ende August zwei Jahre und geht nicht in die Kita, sondern zu einer Tagesmutter. „Deswegen haben wir gerade auch nicht den Ferienstress, den alle anderen Eltern haben, bei denen die Kita Sommerpause macht“, sagt Niklas, als wir ihn Ende Juli in unserem Kiez auf dem Spielplatz in der Hobrechtstraße in Nord-Neukölln treffen. Wie sich herausstellt, sind er, seine Freundin und Sophie sogar Nachbarn von uns, sie wohnen nur ein Haus weiter. Womit wir mitten im Smalltalk wären.

Warum geht Sophie nicht in eine Kita, Niklas?

Niklas: Sie soll spätestens mit drei Jahren wieder in die Kita gehen. Wir hatten es nämlich schon probiert, mit dem Trubel dort ist sie aber gar nicht klargekommen. Zuviele Kinder, zu laut. Über Bekannte fanden wir stattdessen die Tagesmutter, die zurzeit nur zwei Kinder im gleichen Alter, von 8:30 Uhr bis 16 Uhr, betreut.

Wie läuft Euer Tag davor und danach ab?

Meine Freundin arbeitet als Landschaftsarchitektin in Festanstellung, hat eine 2/3-Stelle. Meistens bringe ich Sophie zur Tagesmutter, hole sie zwei- bis dreimal die Woche ab und gehe wieder arbeiten, wenn meine Freundin gegen 17 Uhr zurück ist. Ich arbeite eher weniger seit das Kind da ist. Glücklicherweise wohnen zudem die Eltern meiner Freundin in Berlin.

An einen Umzug habt Ihr bisher also nicht gedacht?

Doch. Wir kriegen Ende Oktober unser zweites Kind. Ich frage mich öfter, wie das wäre, wenn meine Mutter oder mein Vater – sie leben getrennt, meine Mutter ist nach Freiburg gezogen – herziehen würden. Dafür wohnt meine kleine 21-jährige Schwester seit einiger Zeit hier. Junge Eltern, die beide nach Berlin gezogen sind und gar keine Verwandten hier haben, haben mehr Probleme.

Welche Vorteile siehst Du mit Kind in Berlin?

Ich sehe überhaupt keine Vorteile darin, in Berlin ein Kind großzuziehen. Ein grundsätzlicher Vorteil ist erstmal, ein tolles Kind zu haben. Mein Leben hat sich grundlegend verändert, aber zum Positiven. Ich habe davor nicht scheiße gelebt, genieße meine Rolle nun aber voll. Als Selbstständiger arbeitet man meist immer dann, wenn der Auftraggeber es will. Ich mache das nicht mehr, ich gehe einfach pünktlich.

Und aus welchen Gründen wollt Ihr wegziehen?

Es gibt Spielplätze, aber alles ist so voll. Überall Touristen, Stadtleben halt. Du kannst Dein Kind nicht alleine auf die Straße lassen.

Aber Deine Freundin kommt doch aus Berlin?

Sie kommt aus Friedenau, das ist eine ganz andere Geschichte. Dort ist es gut bürgerlich, friedlich, sauber. Im Moment gucken wir eher Richtung Treptow. Ich war mir erst nicht sicher, weil all meine Freunde hier in Neukölln wohnen.

Dein Leben hat sich zum Positiven verändert, sagtest Du. Was aber vermisst Du heimlich oder offenkundig aus der Zeit, bevor Du ein Kind hattest?

Offenkundig Szenen aus meiner damaligen WG-Zeit: Abends ’ne DVD mit den Jungs reinschieben, einen rauchen und abchillen. Das liegt aber nicht am Kind, dass das nicht mehr passiert, sondern an der grundsätzlichen Familiensituation. Außerdem wünsche ich mir, dass meine Freundin und meine Tochter einfach mal ein längeres Wochenende…

Bald kommt das zweite Kind, vergiss es. Was war Dein bisheriges Highlight mit Sophie, auf welchen Vater-Kind-Moment freust Du Dich besonders?

Ich freue mich auf alles mit ihr! Sie hat sehr früh angefangen zu reden, quatscht in einer Tour und singt auch viel. Da ich selbst musikalisch bin, gefällt mir diese bisherige Richtung natürlich. Sie singt die Lieder bei der Nanny alle mit und erfindet auch Stellen!

Welches Lied singt sie am liebsten?

„1, 2, 3 im Sauseschritt“ zum Beispiel. Oder „Guten Abend, gute Nacht“.

Gab es einen schlimmen Moment als Vater, den Du lieber nicht erlebt hättest?

Das Schlimmste waren die ersten drei Monate. Sophie hatte ihre Schreistunden – drei Stunden, jeden Abend, drei Monate am Stück. Das Gute daran ist im Nachhinein, dass es bei uns nun nur noch besser wird. Ich kenne Eltern, bei denen anfangs alles wunderbar war. Das Kind hat angeblich nur geschlafen, und beim ersten Jammern haben sie sich gleich beschwert. Da konnten wir nur müde abwinken.

Wie wurde es besser?

Wir haben irgendwann einen Gymnastikball für uns entdeckt. Das hat geholfen, sich mit ihr darauf zu setzen.

Hast Du als Selbständiger Elternzeit genommen oder einfach weniger gearbeitet?

Ich habe zwei Monate Elternzeit genommen. Man kriegt dann ja auch sein Geld.

Manche haben Angst, ihren Kunden Aufträge abzusagen.

Ich hatte das ja von längerer Hand vorbereitet. Ich arbeite projektweise an Filmen, die ich vertone. Dann habe ich eben mal einen oder zwei Filme nicht angenommen, und das waren dann eben jene zwei Monate.

Was für Filme sind das? Kleine Berliner Indieproduktionen?

Auch, ja. Daneben Arthouse-Kino, Fernsehfilme. Nicht die großen Til-Schweiger-Dinger!

Es ist Samstagmorgen, 11 Uhr, Niklas. Wo wärst Du jetzt ohne Kind? Wohl nicht auf dem Spielplatz. Verkatert im Bett?

Irgendwie sowas, ja. Wie gesagt: Alles hat sich mit Tochter zum Guten verändert, ich sehe nun mehr Sinn. Ich trinke immer noch gerne mal ein Bier. Und je älter sie wird, desto eher kann man sich auch mal gehen lassen. Außerdem habe ich festgestellt: Die beste Ausnüchterung ist, morgens zwei Stunden mit dem Kind zu spielen. Danach ist man fit.

Man kommt da ja nicht weg! War es nach Euren anstrengenden ersten Monaten eine bewusste Entscheidung, schnell ein zweites Kind zu bekommen? Bevor man es sich anders überlegt?

Wir wussten immer, dass wir ein zweites Kind haben wollen. Ich dachte eher an einen Abstand von rund drei Jahren. Dann ist es einfach passiert und so sind wir auch happy. Am Anfang wird es wahrscheinlich anstrengend werden, aber die zwei Jahre Unterschied helfen. Wenn sie älter sind, können sie mehr miteinander anfangen.

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